Ab durch die Karibik

(10.07.2012 - 28.08.2012)

 

In der letzten Etappe unserer Reise verlassen wir nun endgültig die Anden in Richtung Norden. Auf dem Weg an die karibische Küste machen wir noch kurz Halt in Medellín, der einst gefährlichsten Stadt der Welt. Nach ersten Strandtagen in Santa Marta und Cartagena segelten wir dann sechs Tage quer durch die Karibik nach Panama, wo wir die letzten Wochen unserer Reise verbringen. Wer nun wissen will, ob wir wirklich Spuren von Pablo Escobar gefunden haben, wie Grenzformalitäten auf dem Wasser gehandhabt werden haben und warum ein Segeltrip im Krankenhaus enden kann, der muss weiterlesen.

Nachdem wir Janines Geburtstag gebührend in der Kaffeeregion gefeiert haben, sind wir Richtung Medellín aufgebrochen, der mit 2,2 Mio. Einwohnern zweitgrößten Stadt Kolumbiens. Unter dem Einfluss des Drogenbarons Pablo Escobar einst als die gefährlichste Stadt der Welt berüchtigt, hat sie sich mittlerweile zur modernen und kulturellen Metropole entwickelt. Selbst wir konnten uns diesem Bann nicht entziehen und haben zum ersten Mal überhaupt ein richtiges Museum von innen besucht. Zugegebener Maßen war es bis auf die beeindruckenden Werke von Fernando Botero etwas langweilig, aber immerhin. Im Allgemeinen gelten die Bewohner der Stadt trotz ihrer südamerikanischen Gelassenheit als hart arbeitend und ausdauern. Diesen Unterschied bemerkt man im Vergleich zu den meisten anderen südamerikanischen Städten sofort. Alles scheint irgendwie zu funktionieren. So findet man eine moderne Metro vor und auch der Verkehr folgt gewissen Regeln. Ende 2011 wurde in einer der am Berg liegenden Favelas sogar eine riesige kostenlose Rolltreppe installiert die den Bewohnern den Aufstieg (der Höhenunterschied entspricht 28 Stockwerken) erleichtern soll. Der kleine Rückschlag kam prompt, nachdem Gangs begonnen Schutzgeld für die Benutzung zu verlangen, aber mühsam ernährt sich bekanntlich das Eichhörnchen.

  Museum

Wir ganz echt im Mueseum

SkulpturFernando Bolteros Skulpturen

Weiter ging es an die Küste nach Santa Marta. Diese nette kleine Stadt ist Ausgangspunkt für erste karibische Abenteuer. Da der Stadtstrand selbst eher enttäuschend ist, sind wir in den nahegelegenen Nationalpark Tyrona gefahren. Leider muss man erwähnen, dass das Wort Nationalpark in Südamerika einzig und allein dafür steht mal nicht einfach allen Müll aus dem Fenster zu werfen. Die Straßenränder und Dörfer sind gesäumt von Plastikflaschen, Dosen, Tüten, Reifen und allem anderen was nicht mehr benötigt wird.

ParkHängematten sind wirklich bequem zum schlafen!

 

 

Wie auch immer, in dem Park konnten wir endlich mal wieder im Dschungel wandern. Die neue Herausforderung dabei war nicht die altbekannte Höhe, sondern Hitze und Luftfeuchtigkeit. Nachdem wir drei Tage wandern waren und in Hängematten übernachtet haben, hatten wir genug und schließlich hatten wir noch einen Geheimtipp im Gepäck. Zehn Busminuten vom Parkeingang entfernt hat uns der Busfahrer mitten in der Pampa raus gelassen. Nur ein kleines Schild wies auf das Hostel „Costeno Beach“ hin. Nach einer weiten knappen Stunde zu Fuß kamen wir endlich am Camp an. Und der Tipp erweist sich als Volltreffer. Im mitten vom Nirgendwo fanden wir ein, von zwei Kanadiern geführtes Hostel zwischen Palmen mit eigenem Strand. In diesem ersten karibischen Paradies verbrachten wir weitere drei Tage. Die einzige Beschäftigung bestand darin von Zeit zu Zeit eine Kokosnuss mit der Machete zu bearbeiten, kurz vor Sonnenuntergang Volleyball zu spielen oder sich am Strand massieren zu lassen. Dennoch sah die Gegend rings um das Hostel eigenartig aus. Mitten im Nirgendwo geschützt vom Palmenwald standen Ruinen einst luxuriöser Anwesen. Wie sich herausstellte gab es dort vor mehr als zwanzig Jahren noch Hanfplantagen. Die Häuser waren die Anwesen der dazugehörigen Drogenbarone. Von der Küste aus wurde die heiße Ware direkt weiter verschifft. Mit nur ein wenig Fantasie befand man sich sofort in einer der Szenen von Scarface. Mittlerweile ist es hier aber sicher und die größte Gefahr geht von herabfallenden Kokosnüssen aus, wofür man (ohne Witz!) im Hostel eine Verzichtserklärung unterschreiben muss.

MassageEntspannend - Massage unter Palmen am Strand

Zurück in Santa Marta kam es dann noch zu einem ganz speziellen Wiedersehen. Wie es der Zufall wollte haben wir am fast nördlichsten Punkt Südamerikas unsere Freunde Tom und Kyle, die wir  vor mehr als sechs Monaten in Patagonien, also am südlichsten Punkt Südamerikas kennengelernt haben wiedergetroffen. Wir alle hatten völlig verschiedene Routen durch Südamerika genommen und sind da und dort hängengeblieben. Aber immer wieder kreuzten sich unsere Wege, manchmal zufällig, manchmal geplant. Bevor wir Abschied von dem Kanadier und Engländer nahmen, haben wir dieses letze Wiedersehen natürlich gebührend gefeiert.

 

Reunionein letztes Wiedersehen

Cartagena Die Altstadt von Cartagena

 

Danach fuhren wir in die nicht weit entferne Küstenstadt Cartagena. Die aufwendig restaurierte Altstadt wird von einer großen Festungsmauer umgeben. Innerhalb der Mauern gleicht die Stadt einem Freiluftmuseum in sich. Außerhalb gibt es ein nettes Backpackerviertel mit Hostels, Bars und Clubs. Ein netter Ort also um ein paar Tage zu verbringen. Die Stadt war zugleich unser letzter Stopp in Südamerika und Ausgangspunkt um nach Panama, also Zentralamerika überzusetzen. Dafür gibt es genau zwei Möglichkeiten. Entweder man fliegt rüber, oder fährt mit einem Boot. Einen Landweg gibt es nicht. Man denkt immer, dass der Panama Kanal das unüberwindbare Hindernis ist. In Wirklichkeit ist es schlichtweg der dichte Dschungel und die eher mäßigen Beziehungen zwischen Kolumbien und Panama, besonders in den Zeiten, als der Kanal noch in der Hand der Amerikaner war. Es hat also einfach nie jemand eine Straße gebaut.

Trotz der großen Auswahl ist es gar nicht so leicht ein geeignetes Boot zu finden. Man hört schon einige unschöne Geschichten über betrunkene Kapitäne, schlechtes Essen, Überbelegung von Booten und ausgehendem Trinkwasser. Zum Glück hatte unser Freund David, den wir seit Peru kennen sich um alles gekümmert und einen deutschen Kapitän mit gutem Ruf aufgestöbert. In einem Cafe in Cartagena haben wir dann Manfred und Petra zum ersten Mal kennengelernt. Die beiden sind seit mehr als 20 Jahren mit ihrer selbstgebauten MINTAKA auf den Weltmeeren unterwegs. Im Moment vertreiben sie sich die Zeit damit, Reisende zwischen Kolumbien und Panama hin und her zu fahren. Manfred stellte sich als Kapitän heraus, wie er im Buche steht. Sehr von sich überzeugt, immer einen derben Spruch auf den Lippen, im Grunde aber ein netter Kerl mit dem es viel zu Lachen gibt. Von den insgesamt sieben Passagieren waren noch zwei weitere bekannte Gesichter dabei. Die Welt der Reisenden ist eben manchmal ein Dorf.

Zwei Tage später ging es dann los. Alles Wichtige war schnell verstaut und das gepflegte 15 Meter lange Segelboot bot uns Passagieren ausreichend Platz. Pünktlich zum Sonnenuntergang verließen wir den Hafen in Cartagena. Nächstes Ziel war das San Blas Archipel mit seinen mehr als 350 Koralleninseln und seinen atemberaubenden Riffen. Einziger Wermutstropfen: Vor uns lagen 2 Tage offene See mit entsprechendem Wetter und Seegang. Also haben wir uns mit Seekrankheitstabletten erst einmal ruhig gestellt. Interessant war, dass man nachts immer wieder kleine Propellermaschinen fliegen hören konnte. Was sie geladen haben und warum sie sehr tief und ohne Beleuchtung fliegen wird einem schnell klar, wenn man bedenkt, dass sie von Südamerika in die USA unterwegs sind.

  Proviant

 

 

 

Wichtiger Proviant

Am zweiten Morgen wurden wir früh durch eine gewisse Hektik geweckt. Es stellte sich aber heraus, dass die nur darin Bestand den fünf Kilo Tunfisch der am Haken hing ins Boot zu hieven und Fachmännisch auszunehmen. Kurz danach biss ein zweiter an, genau richtig denn am Nachmittag sollten wir die geschützte Inselgruppe erreichen und somit unsere Magen wieder auf Essen eingestellt sein. 

InselnSan Blas Archipel mit mehr als 350 Inseln

 

Und dann war es auch soweit. Dier ersten Inseln kamen in Sichtweite. Manche größer, manche kleiner. Aber alle mit einem dichten Palmenwald und einem perfekt weißen und feinen Korallenstrand. Und es gab sie wirklich, die kleinen Inseln mit nur einer Palme. Zu gerne wären wir mal hingefahren, einfach nur um zu gucken ob man dort nicht einen ausgesetzten Piraten mit einer Schatztruhe findet. Die nächsten drei Tage sind wir dann von Insel zu Insel gefahren um an verschiedenen Riffen zu schnorcheln oder einsame Strände zu genießen. Auch  vom Mast springen konnten wir uns nicht nehmen lassen. Und die, anfangs belächelte, extra angeschaffte Luftmatratze  hat uns jede Menge Spaß bereitet. Nachdem Manfred sich nach der Navigation entspannen konnte, war es an Petra uns kulinarisch zu verwöhnen. Schließlich hatten wir einiges nachzuholen. Das tat sie auch, und zwar in Perfektion. So gab es überdimensionale Tunfischsteaks, auf den Punkt gebratene Rinderfilets, frischen Lobster und so weiter. Und was wäre eine Seefahrt ohne Rum? Nichts, deshalb haben wir uns den dann Nachts beim Sternegucken gegönnt.

SchnorchelnDavid, wir und die Luftmatratze

Am fünften Tag wollten wir dann die Grenzformalitäten erledigen. Schließlich brauchten wir ja unsere Einreisestempel nach Panama. Dabei kamen wir wiedermal in den Genuss lateinamerikanischer Logik. Normalerweise ist die Einreise kostenlos. Ein ominöses Gesetz besagt wohl aber, dass bei Einreise mit dem Boot jeder Passagier 100$ zahlen muss. Ein teurer Spaß, wäre da nicht der „Migrationsbeamte“ Kuna (so heißen die auf den Inseln lebenden Eingeborenen) bei dem auf irgendeiner der Inseln in einer Bambushütte die beliebten Stempel für einen Bruchteil des Preises zu haben sind. Jedenfalls stellte sich heraus, dass dieser gerade „mal kurz“ nicht da ist und wir, genauso wie etwa zehn andere Boote, einen Tag lang warten müssen.  Nein, es war nicht Sonn- oder Feiertag, aber nun wussten wir was Manfred und Petra anfangs meinten als sie sagten: „Die Überfahrt dauert solange, wie es eben dauert.“ Aber so kamen wir wenigstens in den Genuss uns mal so ein Kunadorf aus der Nähe anzuschauen, was auch eine interessante Erfahrung war.

Mit einem Tag Verspätung ging es dann Richtung Festland. Leider plagte sich Micha mit plötzlich starkem Fieber herum, was die letzten zehn Stunden über offene See nicht gerade angenehm machten. In der Nacht erreichten wir dann den kleinen Küstenort Portobello. Nachdem wir dort die Nacht verbracht hatten, ging es weiter mit dem Bus Richtung Panama Stadt. Da auch von dort unser Flieger wieder nach Deutschland geht, wollten wir dort eigentlich nur kurz die Sachen abstellen die wir nicht mehr brauchen um dann die letzten 5 Wochen mit leichtem Gepäck eine Runde durch Panama und Costa Rica zu drehen. Leider wollte Michas Fieber nicht besser werden. Am dritten Tagen sind wir dann ins Krankenhaus. Da die Ärzte noch nicht genau wussten, was für eine Infektion es war haben sie ihn auch gleich dort behalten. Es stellte sich als Dengue Fieber heraus und nach sieben Tagen Krankenhaus und einer weiteren Woche Bettruhe war er eigentlich wieder fit. Zum Glück ist die Ärztliche Versorgung in Panama Stadt ausgezeichnet. Es gibt gute Krankenhäuser und englisch sprechende Ärzte, da viele Amerikaner hier aufgrund der niedrigen Preise Operationen durchführen lassen.

Nach der mehr als zweiwöchigen Zwangspause war es dann an der Zeit Panama Stadt zu entdecken. Die Stadt mit ihren nur knapp 500.000 Einwohnern wird auch als Klein Miami bezeichnet. Und so sieht es dort auch aus. Moderne Wolkenkratzer bilden eine eindrucksvolle Skyline direkt am Meer. An den Stadträndern gibt es riesige Malls, wogegen ein deutsches Einkaufszentrum ein Witz ist. So haben wir in einer der Malls, also in nur einem Gebäude, insgesamt vier McDonalds gezählt. Beliebt sind sie vor allem bei Touristen, denn aufgrund niedriger Importsteuern sind vor allem Technik und Markenkleidung sehr günstig.  Außerdem gibt es eine schöne Altstadt, einen großen Hafen und natürlich den Panama Kanal. Der einst von den Amerikanern erbaute und verwaltete Kanal wurde erst im Jahr 2000 an Panama übergeben. Diesem verdank die Stadt natürlich auch seinen Reichtum. Sich dieses Bauwerk und die Schleusen mal aus der Nähe anzusehen, versetzt selbst Leute in Staunen die sich sonst eher weniger für Technik interessieren.

  PanamaEin Großer in der Schleuse

Mittlerweile war unser Zeitbudget auf nunmehr drei Wochen geschrumpft. Also mussten wir die geplante Runde verkürzen. Aber das Projekt „perfekter Karibikstrand“ war noch nicht abgeschlossen. Nachdem wir nun etwas mehr Respekt vor Moskitostichen hatten, haben wir uns schwer bewaffnet mit Unmengen Moskitospray in den Norden Panamas aufgemacht. Den Großteil unserer Sachen haben wir in Panama Stadt zurückgelassen. Schließlich brauchen wir ja nichts weiter als ein paar T-Shirts, Badehose und natürlich die Luftmatratze. Sollte man meinen – wäre da nicht die zehnstündige Busfahrt. Wie überall in Lateinamerika gilt auch hier: „Wer hat, der Kann!“. In diesem Sinne wird die Klimaanlage auf Maximum gedreht. Das hat zur Folge, dass einheimische die Reise bei 35°C Außentemperatur mit Daunenjacke und dicker Wolldecke antreten. Aber so ist das halt und Pullover, lange Hose und Schlafsack mussten auch bei uns ins Handgepäck.

StrandEinsamer Strand auf Bastimentos

 

An unserem Ziel, dem Nationalpark Bocas del Toro liegen kurz vor der Küste einige wenig besiedelter Inseln mit Dschungel, Strand und entspannter Atmosphäre. Die ersten drei Tage haben wir wegen Dauerregens aber mehr oder weniger im Hostel verbracht. Aber wir wollen uns nicht beschweren, schließlich ist ja Regenzeit. Danach kämpfte sich die Sonne durch und wir konnten erste Ausflüge zu den Stränden machen. Dafür schnappt man sich hier einfach ein Wassertaxi oder fragt den nächsten Fischer und lässt sich zu den Inseln fahren. Oder man leiht sich ein Fahrrad auf der Hauptinsel und fährt selbst. Auf der Insel Bastimentos wurden wir fündig. Nach ein paar Tipps von einheimischen fanden wir den perfekten Strand: ein feiner heller von Palmen gesäumter Sandstrand mit kristallklarem Wasser, das durch ein Riff vor gefährlichen Strömungen und Wellen geschützt wird. Und das Beste daran, nur eine Handvoll Menschen tummeln sich dort.

Leider müssen wir uns in den letzten Wochen unserer Reise auch wieder vorwärts denken und auch schon einige Sachen für die Zeit in Deutschland organisieren. Trotz dass wir das Glück haben, dass zu Hause gleich wieder Spannende Aufgaben auf uns warten macht, man sich mehr und mehr Gedanken darüber ob alles gut klappen wird. Gestern allerdings haben wir uns einen Roller ausgeliehen um die Insel zu erkunden. Auf der Rückfahrt, kurz vor der Dämmerung haben wir dann eines der Wahrzeichen der Region gefunden. Vor uns im Baum hing ganz tief ein Faultier. Das hat uns dann wieder daran erinnert, was wir hier eigentlich wollten.

  FaultierEin Faultier weist uns den Weg

 

Also tun wir es ihm gleich und so machen seinen Namen zum Programm für die Letzte Woche, bevor es wieder zurück nach Panama Stadt geht und wir den Heimflug antreten. Alle Bilder gibts wie immer in der aktuellen Galerie.

Diesmal also wirklich: Bis die Tage

Janine & Micha